20 Jahre und nicht mehr weiter ?

Am 15. Oktober 2011 verabschiedete sich die Neusalza-Spremberger Karraseck-Truppe von ihrem treuen Publikum.
Lutz Mohr stellte hierzu fest:
Am Sonnabend, dem 15.Oktober 2011, wurde anlässlich des Jubiläums „20 Jahre Karraseck-Theatergruppe“ nochmals das Stück „Johann Karraseck“ von Oskar Schwär in vier Akten in der Turn- und Festhalle Neusalza-Spremberg aufgeführt. Das aus Laienkünstlern bestehende Neusalza-Spremberger Ensemble – heute weithin in der Region bekannt – geht auf Initiative des Ehepaares Hartmut und Renate Hofmann, zurück. Bereits während ihrer Tätigkeit als Lehrer an dortiger Schule zu DDR-Zeiten und nach der Wende, widmeten sie sich in ihrer Freizeit diesem literarischen Stoff und setzten ihn dramaturgisch um.
Für das interessante Genre konnten sie etliche Bürger, insbesondere Jugendliche, begeistern und als ehrenamtliche Akteure gewinnen. Zahlreiche Aufführungen in und außerhalb Neusalza-Sprembergs folgten. Die gestandenen und geachteten pädagogischen Persönlichkeiten
– sie waren beide auch meine Klassenleiter und Fachlehrer, an die ich mich gern erinnere –
bekamen für ihre Verdienste zum Wohle der Stadt am 5. Januar 2000 die Ehrenbürgerschaft verliehen.


Vorrede des Theaterdirektors

Johannes und Magdalene

Vor der Greibichschänke

der Königseer schäkert mit Magdalene

auf Beutezug und Beuteverteilung

Karraseck verhaftet, Glathe ist es fast peinlich

"Das soll ein Räuber sein?"

so ein Lumich

Dar hoat uns doch gehulfn!

der letzte "Moritaten-Leierkasten"

Lustia-Vorstand ehrt die Akteure

Bautzner Koarle dedankt sich

Der letzte Auftritt

Gemeinsam über 20 Jahre auf den Brettern

Blumen, Dankeschön und Ehre wem Ehre gebührt

Was wissen wir aber über den Namenspatron Johannes Karreseck (1764-1809),
der durch Egon Erwin Kisch (1885-1948) und Oskar Schwär (1890-1968) in der Literatur Eingang fand?

Der am Ende des 18. Jahrhunderts populäre, gefürchtete und auch bewunderte Räuberhauptmann wurde 1764 in Smichov bei Prag geboren. Er erlernte die Berufe eines Tischler und Metzgers, Später desertierte er aus der österreichischen Armee. Fahnenflüchtig geworden, tauchte er unter und zog unerkannt als Hausierer umher. Für kurze Zeit in Steinigtwolmsdorf ansässig, betrieb er dort eine Tischlerwerkstatt. Alsbald fand er Aufnahme in der Bande des Räuberhauptmanns Palme, die in den böhmischen Exklaven inmitten der kursächsischen Oberlausitz ihr Unwesen trieben. Nach dem Tode Palmes übernahm er die Führung. Das Dorf Leutersdorf, zwischen Neugersdorf und Seifhennersdorf gelegen, wurde sein Hauptstützpunkt. Zwischenzeitlich ehelichte er die Gastwirtstochter aus dem Nachbarort Neuwalde Magdalena Greibich.
Die „Greibich-Schänke“, die bereits 1804 abgerissen wurde, machte er zu seinem „Hauptquartier“, wo man die Vorbereitungen für die Raubzüge in die südliche Oberlausitz und Nordböhmen traf.
Auch die Kleinstadt Neusalza und das Dorf Spremberg gehörten zu seinem Räuberrevier. In Neusalza soll er auch eine ihm treu ergebene Geliebte gehabt haben.
Sie wohnte in einem der beiden Giebelhäuser am Obermarkt, in denen später die traditionsreiche Gemüsehandlung des Inhabers Herbert Kinscher untergebracht war. Als man Karraseck durch Verrat in Neusalza aufspürte, versteckte er sich in der Dachnische zwischen beiden Giebeln, wo er unentdeckt blieb. Nach Abzug der Gendarmen, gelang ihm die Flucht über die Dächer. Sein Räuberhandwerk blühte munter weiter, da er auch den Armen der umliegenden Dörfer half. Als er aber das Rittergut Ober-Leutersdorf, das zu Kursachsen gehörte, auf Drängen seiner Leute in der Nacht vom 31.Juli zum 1. August 1800 ausplünderte und dabei Beutegut verlor, kamen die Häscher seiner Bande bald auf die Spur.
Im Spätsommer des Jahres 1800 war es der kursächsischen Obrigkeit endlich gelungen, den lange gesuchten böhmischen Räuberhauptmann Karraseck und seine Schar dingfest zu machen. Da er als Böhme und strenggläubiger Katholik seine Taten oder Schandtaten sowohl in den böhmischen Enklaven in der Oberlausitz als auch auf kursächsischem Gebiet begangen hatte und dort auch gefangen genommen worden war, nahm die Vernehmung zunächst der Amtmann von Rumburg im Leutersdorfer Kretscham vor, indem die Räuber inhaftiert waren. Da das Verhör jedoch in tschechischer Sprache stattfand, dessen Inhalt die Deutschen nicht verstanden, kam es zum Tumult, und der böhmische Amtmann von Rumburg musste schleunigst abreisen. Nun wurden Karasek und seine Getreuen auf Anweisung des Obergerichtsamtes Bautzen nach kursächsischem Recht behandelt. Die Stunde der Vergeltung war gekommen. Am 7. September, einem Sonntag, traf die Weisung ein, die gefangenen Räuber in die Festung Ortenburg nach Bautzen zu schaffen. Am frühen Morgen des darauffolgenden Tages setzte sich der Zug der Gefangenen von Leutersdorf nach Bautzen in Marsch. Mit schweren Fesseln und mit Stricken an die Pferde der Dragoner gebunden, wurden die Gefangenen jeweils einer zwischen zwei Soldaten gestellt, um über Ebersbach und Neusalza, dem vorläufigen Ort, ihrer Bestimmung zugeführt zu werden. Die Kunde davon eilte durch die gesamte südliche Oberlausitz. Es fanden sich viele Schaulustige ein, die die gefangenen Räuber bemitleideten oder beschimpften. Auf dem Marsch nach Bautzen kam es deshalb zu mancherlei Szenen und Marschstockungen.
In Neusalza verursachte der Gefangenenmarsch ein besonderes Ereignis. Die Kunde, der berühmt-berüchtigte Räuberhauptmann werde mit seiner Bande durch das Städtchen transportiert, hatte zahlreiche Menschen aus der Umgebung dorthin angelockt. Für einen Schuster aus Neusalza war es eine besondere Genugtuung, Karraseck und seine Leute als Gefangene zu erblicken, da er von den Leuten des „böhmischen Hansel“ vor über einem Jahr heimgesucht und bestohlen worden war. Der Neusalzaer Handwerker wollte es Karraseck bei dieser Gelegenheit heimzahlen und hatte sich etwas Besonderes ausgedacht: Mit dem Knieriemen in der Hand wartete er am Eingang des Städtchens auf den Gefangenenzug und verkündete laut vor den Schaulustigen, damit die Strauchdiebe so zu züchtigen, dass sie von geübter Hand eine gesalzene Wegzehrung auf dem Marsch nach Bautzen mitbekämen. Von zwei Dragonern in der Mitte postiert, nahte als erster Gefangener des Zuges gefesselt und erschöpft Karraseck. Ihm war schon von weitem der an der Straße stehende schreiende Schuster mit dem Knieriemen in der Hand aufgefallen. Karraseck ahnte, was das zu bedeuten hatte und rief dem an der Spitze des Gefangenentransports reitenden Dragoner-Wachtmeister Vogel zu: „Ihr habt mich gequält, Wachtmeister, meine Helfer zu nennen, da vorn der kleine Dicke mit der blauen Zipfelmütze hat mir am meisten und längsten gute Dienste geleistet. Nehmt ihn mit, den Kerl, er kann Bautzener Grütze essen so gut wie ich!“ Die Anwesenden waren zunächst verblüfft, dann aber setzte ein maßloses Gejohle ein. Man konnte dabei nicht zu unterscheiden, ob Beifall oder Entrüstung als Folge der ebenso raffinierten wie schadenfrohen Lüge Karrasecks zum Ausdruck gebracht wurde. Während der Wachtmeister noch unter den zunächst Stehenden nach dem bezeichneten kleinen Dicken mit der blauen Zipfelmütze suchen ließ, ergriffen bereits einige handfeste Leute aus der Menge den vor Schreck und Entrüstung über die ungeheuer blamierende Beschuldigung sprachlos dastehenden Schuster, um ihn am Entweichen zu hindern. Ohne Zweifel wäre der ehrliche Neusalzaer Schuster ohne weiteres gezwungen worden, den Marsch nach Bautzen in Gesellschaft der Räuber mitmachen zu müssen. Jedoch fanden sich achtbare, einflussreiche Einwohner des Städtchens, die sich des grundlos verdächtigten und bedrohten Mitbürgers annahmen und sich beim Wachtmeister für ihn verbürgten. Der Schreck über die von Karraseck gegen ihn erhobene Beschuldigung und der damit drohenden Verhaftung war ihn derart in die Glieder gefahren, dass er auf die den Gefangenen zugedachte Züchtigung verzichtete. Noch blass vor Angst und Ärger, schlüpfte er in das Haus eines Bekannten, ohne sich weiter um den Transport der gefangenen Räuber zu scheren. Wegen dieses Vorfalls, der den Neusalzaer Schuster beinahe in die Gemeinschaft der Spitzbuben geführt hätte, ist er von seinen Mitbürgern später oft gehänselt worden.
(Nach E. Rönsch 1927)
Johannes Karraseck, auch „böhmischer Hansel“ genannt, wurde in Bautzen der Prozess gemacht und zum Tode verurteilt. Seine Inhaftierung erfolgte von 1800 bis 1803 im Verlies des Burgwasserturms der ehemaligen Fronfeste Ortenburg. Auf Karrasecks und seiner Verteidiger Gnadengesuch hin, wandelte der damalige sächsische Kurfürst Friedrich August III. (1750-1827) das Todesurteil in lebenslange Kerkerhaft um. An den Folgen der schweren Haft im Dresdener Baugefängnis verstarb er erst 43jährig am 14. September 1809. Karraseck ging in die Geschichte als berühmt-berüchtigter Räuberhauptmann ein, der sich der Obrigkeit widersetzte und zu seiner Zeit Nordböhmen und die südliche Oberlausitz verunsicherte, die Sage idealisierte ihn hingegen als „Volksheld“, der den Reichen nahm und den Armen gab. So blieb die Erinnerung an den legendären Räuberhauptmann bei der oberlausitzer Bevölkerung bis heute bestehen. Das „Karasek-Museum“ in der oberlausitzer Gemeinde Seifhennersdorf erinnert an ihn.



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