Junge Wacholderdrossel gefunden


Am 06. Mai 2000 hüpfte ein teilweise befiederter Jungvogel unter einem sehr hohen alleinstehenden Baum umher, die Altvögel schwirrten erregt um den Wipfel und schnarrten aufgeregt. Zwei Tage vorher hatte unsere Tochter uns daran erinnert, daß wir schon Jungvögel aufgezogen hätten und es könnte ja nun wieder mal so ein Tier ins Haus kommen.
So weit, so gut.
Am Fundort streunen oft Katzen und unweit hatten Elstern schon ihr Nest gebaut, ob deren Junge schon geschlüpft waren blieb unbekannt. Die schnelle Entscheidung fiel:
Dieser Jungvogel wird gerettet!

Von den Händen umschlossen wurde er vorerst geschützt, im Hintergrund und über uns schnarrten die Altvögel. Zu Hause stand ein ungenutzter Vogelkäfig bereit, er konnte nun wieder seinen Zweck erfüllen. Im Käfig nahm der Jungvogel sofort Fluchthaltung an, immer von uns weggerichtet klammerte er sich an die Gitterstäbe an der oberen Ecke.
Da er als Jungvogel aus dem Nest gepurzelt war, bekam er vom ersten Tag an den familienprotestauslösenden Namen "Purz'l".
Erstes mühsam gesuchtes Futter, kleine Regenwürmer, nahm er nicht an, er wollte in die Freiheit.
Die Nacht über blieb der Vogel im Haus, geschützt und abgedeckt im Käfig.
Tagsdarauf wurde das Füttern wieder versucht. Mit einer Winkelpinzette wurde der Wurm gereicht. Der Vogel nahm ihn an und forderte gleich noch mehr. Der erste wichtige und vertrauliche Kontakt war geschlossen. Innerhalb weniger Tage war der Garten entwurmt, der Vogel zutraulich geworden. Eine Nachbarin, die von der Aufzucht erfuhr, beschenkte uns mit einer ganzen Menge Mistwürmer (das sind die roten Regenwürmer vom Komposthaufen).
Das Internet sollte helfen das Futterproblem zu lösen. Eine Anfrage im Dresdener Zoo blieb unbeantwortet. Thematisch interessante Seiten wurden gesucht, nicht gefunden. (Jetzt, 11 Jahre danach, geht jede spezielle Anfrage erfolgreich aus.) Anfragen bei tierpflegerisch ausgebildeten Personen, so zum Beispiel Angestellte des Tierheimes Lawalde, führten dazu, daß nun bald ein Vogelkundiger (vom NABU) um fachmännischen Rat gefragt werden konnte um die Futterfrage zu klären.
Dieser Vogelfreund kam den Vogel sogar besuchen und bestimmte ihn: was wir da aufzogen war eine Wacholderdrossel.
Von ihm kam auch der Hinweis, wenn es keine Würmer gibt, könne man ja Katzenfutter reichen, Katzen überleben's ja auch.
In einer Zoohandlung wurde nun auch noch Beo-Futter besorgt. Der Vogel mußte tagsüber allein bleiben und ein kleiner Futtervorrat war ja ganz gut. Zur Abwechslung bekam er Fleischmaden, aus einem Sportgeschäft beschafft, gereicht.
Mehlwürmer waren nicht sein "Lieblingsfutter".
Da Drosseln auch Schnecken fressen, wurden Schnirkelschnecken gesammelt, enthaust, gewaschen, entdarmt und mit verfüttert. Nach so einer Mahlzeit war der Vogel ruhig, schlief bis zum nächsten Futtergang. Er war bereits am 2.Tag zutraulich geworden und schwirrte unter Aufsicht in der Stube umher und suchte unsere Nähe. Nach kleinen Rundflügen suchte er immer den Käfig auf und stiegt durch's offene Türchen ein.
Die Futterzeiten lagen nun bei 06.00 Uhr, 07.00 Uhr, 14.45 Uhr, 16.40 Uhr und 19.00 Uhr.
Gefüttert wurde: Regenwürmer, Beo-Trockenfutter, Schnecken, Fleischmaden, Katzenfutter (Yelly-Häppchen) und mehrfach täglich frisches Wasser.